WAS KANN GURDJIEFF’S ARBEIT EINEM MENSCHEN GEBEN?

Aus „Our Live with Mr. Gurdjieff“ von Olga und Thomas de Hartmann

 

Die Arbeit eröffnet einem Menschen neue Horizonte und gibt seiner Existenz einen dauerhaften Sinn. Der Mensch beginnt klar zu erkennen, dass das, was er früher als so wertvoll und großartig empfunden hat, nur ein Kartenhaus ist. Nur Ideale, die er oder andere künstlich geschaffen haben und von denen nichts bleibt. Aber der Mensch hängt an diesen Dingen, denn ohne sie steht er vor dem Nichts, vor einem Abgrund…

 

Es ist ihm klar, dass es nötig ist all diese Dinge aufzugeben, das Kartenhaus einstürzen zu lassen und dann Stein für Stein etwas Neues zu bauen, was nicht einfach weggeblasen werden kann. Er versteht es mit seinem Verstand und wünscht es sich, aber er hat Angst seine Vergangenheit aufzugeben; vielleicht findet er nicht einmal einen Stein. Was dann? Was wird geschehen? Er denkt es wäre besser ein Kartenhaus zu haben als gar keins… Aber ohne Risiko geht es nicht. Solange das Alte noch da ist kann nichts Neues beginnen.

 

Manchmal und plötzlich sieht er für einen Augenblick all die Nichtigkeit mit großer Klarheit. Und dann hat ein Mensch, der dies erkennt, das Recht – nein, die Verpflichtung, seine Vergangenheit loszulassen, sie sogar unter seinen Stiefeln zu zertreten, denn sie ist nicht länger notwendig für ihn. Und wie unbedeutend ihm plötzlich die Leute erscheinen, mit ihren kleinen Idealen, Bestrebungen, Leiden und Leidenschaften. Wie er es sich wünscht es laut hinaus zu schreien, dass all dies nicht existiert: es gibt dieses Leiden, diese Liebe nicht, nichts davon, alles erfunden! Und es erscheint ihm, als wenn ihm plötzlich Flügel an seinem Rücken wachsen und er versteht nicht, warum er plötzlich jeden zu lieben und zu verstehen beginnt, und sich wünscht, allen zu erzählen, zu erklären was er versteht und denkt. Und zur gleichen Zeit, wenn Du es wärst, fühlst Du, dass Du nicht weiß „Wie“ Du zu ihnen sprechen sollst, damit sie Dich verstehen. Darum bleibst Du stumm…

 

Dann geschieht etwas, etwas in Deinem äußeren Leben und wohin verschwinden all die guten Gefühle und Gedanken? Du siehst nur noch Dein äußeres Leben. Du leidest, weil Du wieder beginnst alles durch diese dunkle Brille zu sehen. Du erinnerst Dich was vor ein paar Minuten war, erinnerst Dich an die Empfindungen und Gedanken, aber Du kannst nichts tun. Etwas in Dir nagt physisch an deinem Herzen, so physisch wie ein Zahnschmerz. Stunden und Stunden sind nötig, mit viel Nachdenken und Beispielen, bis Du alles loslässt und wieder fähig bist, ohne Schmerzen, Dein Selbst zu fühlen…

 

Und hierin liegt die Frage: Auf welchem Weg ist es möglich, dass diese schlechten Dinge nicht mehr passieren? Wir können vielleicht an den Punkt gelangen wo niemand von Außen sehen kann, was in unserem Innern vorgeht… Aber zu was ist dann all das Äußere von Nutzen, wenn im Inneren die ganze Zeit dieser Schmerz nagt? Zu verstehen, zu sehen, nichts zu zeigen – das ist möglich. Aber wie die Wurzel selbst herausreißen, so dass nicht immer das Selbe geschieht?

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